Im Jahre 1979 kam ich mit einem damals weit verbreiteten Interrail-Ticket erstmals nach Skandinavien. Die erste Fahrt führte direkt als längstmögliche Strecke nach Narvik. Die Fahrt ab Stockholm ist eine Herausforderung an das Sitzfleisch, die Monotonie der unendlich vielen Bäume vor den Fenstern, das unablässige Rattern des Zuges über die Schienenstöße und die Müdigkeit der schlechtverbrachten Nacht auf der Isomatte direkt zwischen den Sitzen, unterbrochen von den Schritten des Schaffners, der zuverlässig auch nachts regelmäßig alle durch die Ankündigung der nächsten Station erweckte, all dies zusammen führt zum Aufbau einer langsam wachsenden Erwartung, diesen Zug endlich wieder verlassen zu dürfen. Doch ab Kiruna wechselt das Landschaftsbild dann deutlich, der Blick auf Bergrücken und große Weiten weckte die Neugier und die Hoffnung endlich mal einen Erzzug zu sehen, den ich von einigen Bildern her kannte. Zunehmend verbrachte ich die Fahrt dann im Stehen, den Kopf aus dem Fenster gestreckt, um ja nichts zu verpassen. In Abisko stand der Zug einige Zeit und das große Bahnhofsgebäude begeisterte mich, so ein riesiges Ziegelbauwerk. Auch in Vassijaure stand der Zug einige Zeit, schließlich wechselte hier das Zugpersonal kurz vor der Grenze, die Schweden gingen und die unbekannten Norweger übernahmen den Zug. Den fremdartig klingenden Namen Vassijaure hatte ich noch nie gehört, wieder so ein Riesenbauwerk im absoluten Nichts, doch das Faszinierenste an diesem Ort war der Text auf dem großen blauen Bahnhofsschild, dort stand, Vassijaure, Schwedens nördlichste Eisenbahnstation. Wow, wohin hatte mich diese Fahrt gebracht, an den nördlichsten Punkt, den man in diesem Land mit der Eisenbahn erreichen kann. Diesen Namen habe ich in mein Gedächtnis eingeprägt, diesen Ort immer wieder besucht, dort auch gerne übernachtet, schließlich ist die Nacht im stets geöffneten, beheizten Warteraum, mit Telefon und Toilette ausgerüstet, reiner Luxus in dieser Gegend, auch das bei meinen Urlauben immer vorhandene Zelt muss nicht aufgebaut werden. Gut Schlafen ist aber auch in Vassijaure eher schwierig, es sei denn, man ist taub, da die immer wieder haltenden oder auch durchfahrenden Erzzüge bremsen oder beschleunigen hier, was ein sehr beeindruckendes Geräusch mit sich bringt, ein sich schnell von einem Zugende zum anderen durchlaufendes Krachen und Donnern, im Schlafsack zum Fenster hüpfend verfolgte ich jeden Zug durchs Bahnhofsfenster staunend. 2004 war ich bislang das letzte Mal hier oben, diesmal mit einer Videokamera bewaffnet, die Entscheidung Vassijaure in 1:87 in meinem Keller entstehen zu lassen war gefallen, nach insgesamt 5 Jahren Bauzeit war das Modell fertig und konnte eingeweiht werden. Im Original war dies übrigens bereits 1913 der Fall, was die große schnörkelige Jahreszahl auf der Frontseite des Bahnhofs verrät.